Am 25. Mai entscheidet sich, ob auf dem alten Flughafen Tempelhof gebaut wird. Seitdem die Flugzeuge verschwunden sind, hat sich das beliebte Gelände zu einem zentralen Ort des Berliner Lebens entwickelt. Das soll auch so bleiben, sagt Esther Witt. Die 23-Jährige engagiert sich in der Volksinitiative „100% Tempelhofer Feld“ und hat ein Video über die Bedeutung des ehemaligen Flughafens gedreht. Im Interview erzählt sie, warum die Volksabstimmung so wichtig für die Hauptstadt ist.
Wie seid Ihr auf die Idee für das Video gekommen?
Beim Unterschriftensammeln im Winter war „Happy“ eines der Lieder, das fast immer im Radio lief, wenn wir nachts müde und durchgefroren von irgendeinem Club oder einem Kneipenviertel mit den Unterschriftenlisten nach Hause gefahren sind. Als dann klar war, dass wir es zu dem Volksentscheid geschafft haben und ganz Berlin darüber abstimmen kann, war mir wichtig, dass das Tempelhofer Feld nicht von der ganzen politischen Diskussion darüber vereinnahmt wird. Ich wollte ein Video machen, das zeigt wie schön das Tempelhofer Feld ist und das Leben, das sich dort an jedem sonnigen Tag abspielt, feiert. „Happy“ war dafür die perfekte Wahl, weil es einerseits diese pure Lebensfreude widerspiegelt und man andererseits viele Leute damit erreichen kann. Das Video ist als eine unpolitische Liebeserklärung an das Tempelhofer Feld von 2014 gedacht und selbst wenn wir nicht schaffen das Feld zu retten, haben wir wenigstens in den vier Minuten „Happy“ festgehalten, wie das Feld mal war und was es für uns bedeutet hat. Über das Feld kannte ich Marcus Zahn alias „Spektralfarben“, der unglaublich schöne Filme dreht und selber das Feld liebt; er war von der Idee begeistert und so haben wir uns gemeinsam an die Arbeit gemacht.
Kannst Du kurz beschreiben, warum Dir das Tempelhofer Feld – in der jetzigen Form – so wichtig ist?
Für mich ist das Tempelhofer Feld wie Berlin am Strand. Mit dem Horizont, dem unendlichen Himmel und der weiten Wiese ist es nicht nur der perfekte Ort für einen entspannten Feierabend sondern auch einzigartig in einer Großstadt weltweit. Berlin ist halt immer etwas anders, und dafür liebe ich es. Wenn es bebaut wird, werden die verbleibenden 60 Prozent der Freifläche halt eher ein konventioneller Park. Das ist bestimmt auch nett, aber nicht zu vergleichen mit der Freifläche, die wir jetzt haben. Das freie Feld bietet halt Tausende Möglichkeiten, und je größer Berlin wird, desto mehr brauchen wir genau solche Freiflächen für urbane Kreativität!
Warum habt Ihr im Video gerade die Drehorte ausgesucht?
An den Drehorten plant der Senat seine Bebauung. Daher war uns wichtig, diese Orte im Video zu verewigen. Außerdem sind gerade diese bedrohten Seiten die am meistbesuchten Flächen des Feldes und voll mit interessanten Menschen.
Wer sind die vielen Leute im Video?
Freunde, Bekannte und Fremde, die einfach Lust hatten mitzumachen! Einige sind extra dafür gekommen, andere spontan hinzugestoßen. Zu jeder Szene gibt es fast wieder eine eigene Geschichte.
Warum soll man als Berliner am 25. Mai für das „100% Tempelhofer Feld Gesetz“ und gegen die Bebauung stimmen?
Der Volksentscheid zum Tempelhofer Feld wird maßgeblich zeigen, in welche Richtung sich die Stadt entwickeln wird. Für uns alle stellt sich die Frage, wie Berlin in der Zukunft aussehen soll. Durch die Teilung hat Berlin lange mit Baulücken und Freiflächen vor sich hingelebt und sich der Immobilienbranche entzogen. Das war ja der Reiz für Künstler, die mit wenig Geld und vielen Ideen Berlin zu seinem Ruf verholfen haben. Nun möchte die Baulobby nachziehen und in jeden freien Fleck investieren. Aber teure Bauprojekte sind nicht immer das Beste für eine Stadt. Die Folgen sind eine beschleunigte Gentrifizierung, die Privatisierung von öffentlichen Flächen und auch das massenhafte Sterben von Clubs (man kann inzwischen schon die ersten Eigentumswohnungen im ehemaligen Kater Holzig für eine Million kaufen). Mit dem Volksentscheid zum Tempelhofer Feld können wir endlich der Politik klar machen, dass wir das nicht wollen! Vor 7 Jahren habe ich noch Abende im Tacheles verbracht, vor 17 Jahren hat meine große Schwester noch im komplett unsanierten Prenzlauer Berg gefeiert und vor 27 Jahren konnte man sich noch locker eine Miete im Bergmannkiez leisten. Ich möchte nicht, dass Berlin seinen ganz eigenen Charakter weiter für eine Lobby und Investoren aufgibt. Ich persönlich hoffe zumindest, dass ich noch in zehn Jahren auf der Neuköllner Wiese des Tempelhofer Feldes bei Sonnenuntergang sitzen und die gloriose Zukunft meiner Heimatsstadt diskutieren kann.