Der Bundestag hat in einer ersten Lesung über einen Entwurf des sogenannten Prostituiertenschutzgesetz beraten. Der aus dem Familienministerium stammende Gesetzentwurf soll Prostituierte vor Ausbeutung schützen und Menschenhandel verhindern – so zumindest die Hoffnung von Familienministerin Schwesig, die damit Sexarbeiter*innen den „Rücken stärken will“, sagt sie. In der Branche wird jedoch genau das Gegenteil befürchtet.
Prostituiertenschutzgesetz – das steht drin:
Konkret sieht der Entwurf vor, alle Bordellbetreiber zu registrieren. Dazu müssen sie sich einer persönlichen Zuverlässigkeitsprüfung unterziehen, bei der nicht nur Ausstattung, sondern auch Konzept des Betriebes durchleuchtet werden sollen. Erst wenn der Betrieb die Anforderungen erfüllt, wird eine Erlaubnis erteilt. „Dadurch wird sichergestellt, dass zum Beispiel ein vorbestrafter Menschenhändler kein Bordell mehr betreiben darf. Auch menschenunwürdige, ausbeuterische Betriebskonzepte, wie z.B. Flatrate-Bordelle, erhalten keine Erlaubnis“, so zumindest die Hoffnungen von Schwesig.
Auch für die Sexarbeiter*innen soll der Gesetzentwurf umfassende Änderungen mit sich bringen. So sollen sie sich Sexarbeiter*innen extra bei einer neugegründeten Behörde anmelden, um ihre Arbeit überhaupt erst durchführen zu können. Dahinter steckt offenbar die Hoffnung, endlich zählen zu können, wie viele Sexarbeiter*innen tatsächlich im Prostitutionsgewerbe tätig sind. Bei dem persönlichen Gespräch soll zudem überprüft werden, ob sie ihre Arbeit auch wirklich freiwillig durchführen. Wie dies festgestellt werden kann, bleibt fraglich. Zudem ist an diese Registrierung eine in regelmäßigen Abständen stattfindende Beratung gekoppelt, bei dem Sexarbeiter*innen über ihre Rechte informiert werden. Hier sollen gesundheitliche Fragen und allgemeine Probleme geklärt werden. Nach der erfolgreichen Anmeldung erhalten Sexarbeiter*innen ihren „Prostituiertenausweis“.
Das ist die Kritik
So gut wie es Manuela Schwesig mit ihrem neuen Prostituiertenschutzgesetz auch vielleicht gemeint haben möge: Es ist äußerst fraglich, ob er Sexarbeiter*innen tatsächlich vor Ausbeutung schützen kann. So kritisiert Sonja Dolinsek im „Missy Magazine“, dass er zwar viele neue Pflichten schaffen soll – dafür aber kaum Rechte. Besonders der geplante neue Ausweis mit Foto wird kritisiert: Was ist, wenn dieser an die Öffentlichkeit gelangt und der/die Betroffene – trotz Datenschutz – lebenslänglich stigmatisiert oder gar erpresst wird? Zudem sei die geplante Registrierung wirkungslos, weil sie Sexarbeit eben nicht reglementiere, sondern kriminalisiere. Schließlich könnten Sexarbeiter*innen, die ihren Job aus Geldnot ausüben, nicht erst auf das Anmeldegespräch warten, um einer Strafe wegen illegaler Prostitution zu entgehen. Möglicherweise würden viele Sexarbeiter*innen sich sowieso gar nicht erst anmelden – sich aber trotzdem prostituieren, so Dolinsek. Dies hätten Erfahrungen aus der Geschichte bereits gezeigt.
Auch in der Branche stößt der ausgerechnet am „Internationalen Hurentag“ im Bundestag diskutierte Entwurf des Prostituiertenschutzgesetz auf Ablehnung. „Man könnte glauben, Familienministerin Schwesig hätte es nicht besser gewusst und vertritt aus purem Unwissen ein Gesetz, das an den Lebensrealitäten der Branche und der in ihr tätigen Personen vorbeigeht“, kommentiert Sexarbeiterin Kristina Marlen in der „Siegessäule“. Sie hat eine Befürchtung: „Leider vermute ich, dass wir es mit einer sexualrepressiven und reaktionären Agenda zu tun haben.“