Hip-Hop ist Flüchtlings-Soundtrack

In die South Bronx, die Geburtstätte des Hip-Hop, hat es die chilenischen Rap-Brüder von Rebel Diaz gezogen: Arbeitslosigkeit, Drogen und der Kampf gegen den Staat stehen stellvertretend für den ärmsten US-Bezirk. Dort, mitten in der Community, haben Rebel Diaz 2006 ihr solidarisches Künstlerkollektiv RDAC-BX gegründet. Von lokal zu global wollen sich für entrechtete Menschen einsetzen. Mit dem ersten Album „Radical Dilemma“, sind die Jungs nun auf Europa-Tournee. 2LEMMA.de hat die Rebellen RodStarz und G1 nach ihrem SWAG-Jam-Auftritt im Friedrichshainer Badehaus Szimpla interviewt. Gerade zurück aus dem EU-Krisenstaat Griechenland, erzählen sie, was sie antreibt: die Krise der Flüchtlinge.

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Mauern sollen nicht einschränken – das fordern die Rapper von Rebel Diaz      Foto: ©ENDIST – Paul Schäfer

2LEMMA.de: Rebel Diaz ist ein Wortspiel mit dem spanischen Begriff für Rebellion. Gegen was rebelliert ihr?

G1: Unsere Eltern sind als politische Flüchtlinge während der Diktatur aus Chile geflohen. Auf der anderen Seite beziehen wir uns mit REBEL DIAZ auf das Erbe der Bürgerrechtsbewegung. Für uns ist die Hip-Hop-Kultur ein direkter Nachkomme von diesen Kämpfen. Mit unserer Musik setzen wir dieses Vermächtnis fort.

RodStarz: REBEL DIAZ ist auch ein bilingualer Name– wie unsere Herkunft. Hip-Hop ist eine Kultur, die ohne Immigranten nicht existieren würde.

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RodStarz (li.) und G1 (re.) sind Kinder chilenischer Flüchtlinge      Foto: ©ENDIST – Paul Schäfer

Sollte Hip Hop demnach politisiert sein?

RodStarz: Hip Hop ist eine Kultur, die aus dem Nichts kommt. Überall auf der Welt ist Hip-Hop der Soundtrack für arme Menschen und Migranten! Dass Hip-Hop nach so vielen Jahrzehnten noch präsent ist, ist ein politisches Statement. Und damit meine ich die Hip-Hop-Kultur und nicht die Rap-Musik-Branche.

Wird Hip-Hop somit zu eurer Waffe?

RodStarz: Wir machen keine Texte über arme Menschen! Wir selbst sind arme Leute und sprechen durch unsere Texte! Chuck D von Public Enemy sagte einmal: „Hip-Hop ist das CNN der Straßen“. Wir kommen aus dem ärmsten US-Kongressbezirk. Dort, wo dich Polizisten ungefragt nach Waffen abtasten und Schwarze wie Latino-Jugendliche ermorden. Unsere Themen sind: Bildungskürzungen, kein angemessener Wohnraum, Defizite im Gesundheitssystem. Unsere Community durchlebt dieses Dilemma Tag für Tag. In jeder unterdrückten Gemeinschaft sind jene Stories, die über das Überleben und den Widerstand gegen die Strukturen, was sich in Musik manifestiert.

Der Ausgangspunkt eurer Arbeit ist mit dem Rebel Diaz Arts Collective in der South Bronx auf einem lokalen Level

RodStarz: Unser lokaler Kampf ist global! Was in der Bronx passiert ist, spiegelt exakt das wider, was auf globaler Ebene geschieht.

G1: Alles was weltweit passiert, beginnt lokal. Selbst im Hip-Hop ist nichts mehr wie es einmal war: Die großen Budgets sind fort. Dafür ist die Welt durch Technologien zusammengewachsen. Durch soziale Netzwerke können wir als freie Künstler Musik schaffen und viel mehr Menschen erreichen. Und das ohne Hilfe vom Staat oder Wohltätigkeit und Mäzene. Wir glauben an die Kraft unserer Gemeinschaft.

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Die Größe der Bühne ist Rebel Diaz nicht wichtig    Foto: ©ENDIST – Paul Schäfer

Das Problem von Illegalität ist in eurer Musik wiederkehrend. Wie positioniert ihr euch in der Diskussion um Immigranten ohne offizielle Papiere?

RodStarz: Wir glauben, dass kein Mensch illegal ist. Zwar werden international Grenzen für den Handel geöffnet. Für die Menschen, die diesen Ressourcen folgen, werden sie jedoch geschlossen. Gerade in den Vereinigten Staaten sehen wir unter Obama Angriffe auf Einwanderer. Unter seiner Präsidentschaft wurden mehr als zwei Millionen Einwanderer zurückgeschickt. Kinder, die zwar in den USA geboren wurden, sind von ihren Eltern getrennt und so zu Waisen geworden. Ein Trend, den wir auch in Europa sehen. Und parallel zu dieser Bewegung gewinnen rechtsradikale Ideologien an Aufwind. Die in ihrer Rhetorik Einwanderer für die globalen ökonomischen Probleme verantwortlich machen.

G1: Ohne Migration wäre Hip Hop nicht vorhanden! Wir sehen es als unsere Pflicht, die Rechte von Immigranten zu verteidigen!

Seite 2: Interview in Englisch

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