Der EU-König

Wer schwimmet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Syrer mit seinem Kind;
Er hält den Knaben ertrinkend im Arm,
Er fasst ihn ängstlich, er schlägt Alarm.

Mein Sohn, du birgst so bang‘ dein Gesicht!
Siehst, Vater, du den EU-König nicht?
Den EU-König mit Kron‘ und Geleit? –
Mein Sohn, bald sind wir in Sicherheit;
Dort vorn seh‘ ich ein Frontex-Gefährt
Das uns bestimmt den Zutritt gewährt.

„Du böses Kind, komm‘ nicht zu mir!
Gar grausige Spiele spiel‘ ich mit dir;
Manch spitze Zäune sind an dem Strand,
Zerfleischen dein Herz und deinen Verstand!“

Mein Vater, mein Vater, hörest du nicht,
was EU-König mir drohend verspricht?
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Sohn;
Ich spähe die Lichter des Schiffes schon.

„Willst feiner Knabe, du meine Grenze passieren?
Meine Mitgliedsstaaten werden dich ruinieren;

Mein Staaten zerschmettern deine Reihn
Und hauen und hacken und hobeln dich klein.“

Mein Vater, mein Vater, siehst du nicht dort,
EU-Königs Staaten am düsteren Ort?
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh‘ es genau:
Mich lockt das Versprechen des Friedens so blau.

„Ich hasse dich, mich reizt deine arme Gestalt;
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt,“
Mein Vater, mein Vater, jetzt fasst er mich an!
EU-König hat mir ein Leids getan!

Dem Vater grauset’s, er schwimmet geschwind
Er hält in den Armen das ächzende Kind
Erreicht das Schiff mit Müh‘ und Not;
In seinen Armen das Kind war tot.

Frei nach der Ballade „Der Erlkönig“ von Johann Wolfgang von Goethe