Gescannte Abbilder der Persönlichkeit

Ein Schnappschuss – das ist ein schneller „Klick!“, aufgenommen mit einer Kamera. Er fängt eine millisekundenkurze Momentaufnahme des Lebens ein. Auf dem Foto ist das festgefrorene Lächeln verewigt, das den Moment seines Erscheinens für immer überdauert.

Das Leben ist jedoch kein stilisiertes Standbild, es ist Aktion. Ein Teil der Persönlichkeit offenbart sich erst in Bewegung. Doch wie kann man den lebendigen Ausdruck einer Person auf einem Bild festhalten?

Mit einem Scanner. Das beweisen diese Porträts.

Gescannte Abbilder von Akash Collet
Schnell geschwenkt: Von diesem Kerl bleibt auf dem Scannerfoto nur ein Farbverlauf übrig   © Akash Collet
Gescannte Abbilder von Akash Collet
Kristallklar: Dieses Mädchen bewegt ihren Kopf ruhig über den Scanner.  © Akash Collet
Gescannte Abbilder von Akash Collet
Auf und ab: Akash Collet, der Künstler selbst, zeichnet Wellen mit seinem Gesicht. © Akash Collet
Gescannte Abbilder von Akash Collet
Lang gezogen: Die verzerrten Gesichtszüge erinnern an ein kubistisches Gemälde von Picasso.   © Akash Collet
Gescannte Abbilder von Akash Collet
Verschlungen: Nur auf einem Scannerfoto kann man mit sich selbst verschmelzen. © Akash Collet

Gescannte Abbilder

Die abgebildeten Köpfe sind unscharf, zeichnen verschwommene Wellen, hier und da ist mal ein Mund oder eine Nase zu erkennen. Trotz ihrer Undeutlichkeit enthüllen diese Aufnahmen die Persönlichkeit des jeweiligen Models.

Denn ein Scanner erfasst einen Kopf langsamer als eine Kamera und kann Bewegungsabläufe bei der Aufnahme nachzeichnen. Auf einem Porträt ist das Temperament eines Mannes abgebildet, der mit dem Kopf in nervöser Hektik hin und her zuckt. Nur bunte Farbverläufe sind noch zu erkennen.

Dagegen kristallisieren sich auf einem anderen Scannerfoto wesentlich klarer die Gesichtszüge eines Mädchens mit Nasenpiercing heraus, das in aller Ruhe den Kopf dreht. Authentisch offenbaren die Aufnahmen die unterschiedlichen Charaktere, ohne jede Affektiertheit oder Koketterie. Falsches Grinsen, bekannt von so vielen konventionellen Fotografien, ist hier nicht möglich.

Akash Collet hat das originelle Scannerprojekt realisiert. Er studiert Kunst an der „École supérieure des arts décoratifs” in Strasbourg, als Künstler bezeichnet er sich jedoch nicht. „Sich als Künstler zu etikettieren, das ist nur ein Statussymbol, nichts weiter als ein Name. Für mich kann jeder ein Künstler sein”, sagt der 24-Jährige, „Ich sehe mich eher als einen Mechaniker, der mithilfe der Technik die Persönlichkeiten seiner Mitmenschen enthüllt.”

Akash ist der festen Überzeugung: Künstler ist, wer etwas erschafft. Oder wie die Filmfigur Forrest Gump im gleichnamigen Drama proklamiert: Dumm ist, wer Dummes tut. Denn das Ich fließt mit seinen Bewegungen, es handelt und zögert, und manchmal, nur ganz flüchtig, huscht es über einen Scanner.

Akash Collet wird mit seinen Freunden an der Kunsthochschule in Strasbourg künftig regelmäßig Projekte exklusiv für den Print- und Online-Bereich von DILEMMA erstellen. Wir freuen uns auf diese internationale Zusammenarbeit!