Wir sind alle Nutten

Nicht umsonst wird Prostitution als ältestes Gewerbe der Menschheitsgeschichte bezeichnet. Mit Sex ist es ähnlich wie mit Drogen – solange es ein menschliches Bedürfnis danach gibt, wird es auch einen Markt dafür geben. Deshalb wird ein Verbot der Prostitution niemals ihr Verschwinden bewirken.

Der zu oft geführte, gesellschaftliche Diskurs um das Prostitutionsverbot geht an der Realität vorbei. Das Prostitutionsverbot würde Betroffenen nicht helfen, im Gegenteil: Es würde sie an den Rand der Gesellschaft treiben, in eine bodenlosen Abgrund hinein, in dem sie, jeden Rechtes beraubt, versinken müssten.

Betrachten wir die Freier: Was bedeutet es, wenn sie, wie in Max und Annas Artikel beschrieben, in einigen Fällen nicht nach unterwürfigen Sexspielzeugen gieren, sondern nach Nähe und Wärme? Was bedeutet es, wenn sie eine freundschaftliche Beziehung zu den Prostituierten aufbauen und intensivieren? In diesen Fällen erkaufen sich Freier vermutlich die Zuneigung, die ihnen in ihrem Umfeld verwehrt bleibt. Dort ist Prostitution das Symptom einer Gesellschaft, bestehend aus vereinsamten Individuen.

Richten wir den Fokus auf die Prostituierten: Warum sie, abseits der Zwangsprostitution, Spaß an ihrer Profession haben, lässt sich nur vermuten. Vielleicht sind kindliche Prägungen der Grund, vielleicht ist es ein unbewusster Drang, vielleicht ist es eine skurril anmutende Form von Selbstverwirklichung. In jedem Fall haben sie sich dafür entschieden, das Intimste ihres Körpers und ihres Geistes für Geld herzugeben.

Die Betonung hierbei liegt auf: das Intimste. Denn dieses allein unterscheidet sie von anderen Berufsgruppen. Vom Bundesstaatsanwalt bis zum BWL-Professor, vom Bauarbeiter bis zum Barkeeper – wir alle verdingen Geist und Körper, um unseren Lebensunterhalt zu sichern. Letztlich sind wir alle Nutten. Und finden nichts Verwerfliches daran.